PeKip, Kinderschwimmen, Musikkurs, Chinesischunterricht und teilchenphysikalische Früherziehung: Das Angebot für junge Erwachsene ab 0 Jahren ist inzwischen zu einem boomenden Markt geworden.
Nach außen hin wirken viele der Beschäftigungen wie gemacht für Kinder. Im Kern sind sie doch nur Ablenkungskurse für Erwachsene vom Elternalltag. Irgendwie muss man ja die Zeit totschlagen, bis ein gewisser Grad an Selbstbeschäftigungsfähigkeit beim Zögling entstanden ist.
Und stundenlang dabei zusehen, wie das Kind die pädagogisch wertvolle Holzeisenbahn einen Millimeter vor, einen zurück schiebt, solange man nur daneben sitzt, ist zwar anfangs faszinierend, aber für unsere angebotsreiche Gesellschaft schnell langweilig.
Man darf nämlich während seiner Tätigkeit nichts anderes machen. Nicht lesen, nicht mit dem Smartphone spielen. Keinen Blogeintrag schreiben.
So viel vorweg!
Eltern-Kind-Kurse geben Struktur
Eltern-Kind-Kurse sorgen da für eine gewisse Struktur. Sie bieten Beschäftigung und die Möglichkeit, andere Eltern zu treffen, während die Kinder sich miteinander oder anderen Dingen beschäftigen.
Da der Zwerg zu Hause gerne am Klavier klimpert, die Gitarre zupft oder seit neuestem Zwölftonmusikhits auf der Mundharmonika bläst, schien die Wahl eines Musikkurses, in dem Alter Musikgarten genannt, zwangsläufig. Zudem war der weiterführende Babyschwimmkurs bereits ausgebucht.
Der kleine Mensch, eigentlich offen und neugierig, war plötzlich zurückhaltend. “Er muss erstmal warm werden”, erklärte die Kursleiterin noch frohgemutes. “Der braucht Zeit. Manche Kinder brauchen länger.”
Doch Pustekuchen. Die anderen Kursteilnehmer klatschten und tanzten, spielten mit den Instrumenten. Darunter auch die gefühlt keine vier Tagen alten Babys der anderen Elternteile, die auf die Frage “Und was sollen wir für dich machen?” klatschten, tippten, wippten, stampften und rollten.
Der Zwerg guckte nur apathisch, drückte sich in den Brustbereich des Elternteils und ignorierte jegliche Ansprache.
Nach Woche zwei fing der 20-Monate alte Zögling an, seine Schuhe kurz nach Ankunft zu holen und sich anzuziehen. Er kratzte an der großen, schweren Eichentür, um den Raum zu verlassen. Doch der Türgriff war außerhalb seiner Reichweite. Nach vier Wochen verweigerte er gar, den Raum für den Musikkurs zu betreten.
Und das, obwohl das deutsche Liedgut zu Hause gut ankam. Dort klatschte, tippte, stampfte und wippte, der Zwerg, schien Spaß zu haben. Auf dem Spielplatz wollte er immer mit den anderen Kindern spielen. Die Eisenbahn vor dem C&A war ein täglicher Haltepunkt bei den Touren. Nur für die schwäbschen Eisenbahn im Kurs, für die war mit ihm kein Ticket zu lösen.
Wir wollen ja keinen quälen
Die Kursleiterin bot uns an, den Kurs abzubrechen und das Geld zurückzuerhalten. Und das, obwohl zu Beginn deutlich kommuniziert worden war, dass man im Voraus bezahlt, und man nur lange genug durchhalten muss. Jetzt hieß es: “Wir wollen hier ja keinen quälen.”
Es war das Waterloo der Erziehungsberechtigten. Wir flogen quasi aus dem Musikkurs.
Kind macht eben, was es mag
Und das warf die nagende Frage auf: Was haben wir falsch gemacht? Wo liegt der Fehler?
Man sollte sich nicht zu viele Gedanken machen. Wenn das Kind nicht will, kann man es noch einmal probieren. Manchmal funktioniert es, dann doch, etwa wenn ein anderes Elternteil übernimmt. Oder wenn es ausgeschlafen hat, und endlich die wachsenden Zähne nicht mehr zu einem allgemeinen Unwohlsein führen.
Man kann vorher nicht wissen, welcher und ob ein Kurs dem Kind zusagt. Aber hey, selbst wenn nicht: Es bleibt eine Geschichte, die man dem Kind auf jeder Geburtstagsfeier erzählen kann.